royos
Das Grazer Start-up hat ein Schweißverfahren entwickelt, das Kunststoff und Metall zeit- und ressourcensparend in einem einzigen Prozessschritt verbinden kann. Dadurch werden große Gewichtseinsparungen am Werkstück möglich.
aws Seedfinancing | 2023 | Deep Tech | Physical Sciences | Steiermark
Abnehmen ist nicht nur eine Frage der Gesundheit und Ästhetik. Gewichtsreduktion von Komponenten ist in der Automobilbranche eine der zentralen Einwicklungsvorgaben für die Mobilitätswende. Je leichter ein Auto, desto geringer sein Energieverbrauch. Dafür braucht es oft die Kombination mehrerer Werkstoffe: Eine Kunststoff Batteriewanne für ein Elektrofahrzeug ist um 50 Prozent leichter als eine Metallwanne. Für den Wärmeaustausch benötigt man jedoch Materialien mit guter Wärmeübertragung wie z.B. Aluminium. Bislang konnten Aluminium und Kunststoffe jedoch nur unter hohem Zeit- und Maschineneinsatz miteinander verbunden werden. Das neu entwickelte Plastics Metal Stir Welding (PMSW)-Verfahren – zu Deutsch Kunststoff-Metall-Rührschweißverfahren genannt - des steirischen Gründerpaares Cornelia und Mario Leitner erweist sich als einfache, kostengünstige und umweltfreundliche Alternative zu allen bislang eingesetzten Hybrid-Schweißverfahren. Bei dem von royos entwickelten Verfahren werden Kunststoff und Metall in einem einzigen Prozessschritt ohne jede Vorbehandlung bei höchster Festigkeit gefügt. Vorprozesse am Werkstück wie Reinigen, Beizen, Strukturieren mittels Laser oder CMT Verfahren entfallen. Auch zweidimensionale Schweißnähte sind mit dem PMSW-Verfahren möglich. Wichtig: Die Bauteile sind gleich nach dem Schweißen einsetzbar. Durch den geringen Temperatureintrag bleiben die Werkstücke auch nach dem Schweißen verzugsfrei – ein wichtiges Merkmal für Produktionstechniker. Die Gründer hatten die Idee für das Verfahren im Zuge eines Projektes entwickelt, bei dem ein Kühlergehäuse aus Aluminium mit einem Aludeckel verschweißt werden sollte. Dabei entstand Verzug am Werkstück und die Teile mussten unter hohem Aufwand wieder begradigt werden. Für Leitner bot sich die Verwendung eines Kunststoffdeckels als logische Alternative an. Allerdings musste er bei der Suche nach Umsetzungsmöglichkeiten feststellen, dass es am Markt kein großserienreifes Verbundverfahren für Metall-Kunststoff Verbindungen gab. Die Idee für ein neues Verfahren gab den Anstoß zur strategischen Neuausrichtung des Unternehmens.
Hohe Praktikabilität
Das royos-Schweißverfahren ist durch reduzierte Investitionskosten und verringertem Arbeitsaufwand deutlich kosteneffizienter als vergleichbare Methoden. Zudem erreicht es eine höhere Festigkeit und Dichtigkeit der Verbindung, was die Produktqualität und Langlebigkeit der Erzeugnisse verbessert. Zusätzlicher Vorteil ist die Nachhaltigkeit des Verfahrens: PMSW-geschweißte Bauteile können aufgrund der unterschiedlichen Schmelztemperaturen von Metall und Kunststoff effizient getrennt und sortenrein recycelt werden. Außerdem lassen sich nach Angaben der Gründer bei einem Plug-in-Hybrid Batteriewanne ca. 80% Aluminium einsparen. Bei einer angenommenen Produktion von 250.000 Stk/Jahr entspricht das einer CO2 Reduktion von ca. 20.000 Tonnen.
Bei allen royos-Entwicklungen ist die Praxistauglichkeit eine grundlegende Voraussetzung: Das Verfahren muss für den Anwender schnell und einfach einsetzbar sein. Nutzer können den Werkzeugaufsatz ohne große Vorbereitung auf einem bestehenden Roboter oder vorhandene Werkzeugmaschine aufbauen und ohne lange Umstellzeit in Betrieb nehmen. Mario Leitner nützt dabei seine beruflichen Erfahrungen als Schweißer, Konstrukteur und dem technischen Vertrieb. Seine Partnerin und Mitbegründerin Cornelia verfügt über einen technischen wie betriebswirtschaftlichen Hintergrund und deckt neben der Konstruktion die Versuchsabstimmung und Auswertung der Testläufe des Start-ups ab.
Der Markt wartet
Die Zielgruppen des PMSW-Verfahrens reichen von der Automobilindustrie, Luftfahrt bis hin zur Konsumgüterindustrie. Das Marktpotential ist enorm: Der Gesamtmarkt für Fügetechnik in Europa beläuft sich auf ca. 80 Milliarden Euro. Bis 2028 sollen 100 Werkzeuge bei einem jährlichen Planumsatz von sieben Millionen Euro verkauft sein. Mit Unterstützung des aws-Seedfinancing wurde im Frühjahr 2024 bereits ein neues Firmengebäude mit Produktionshalle bezogen, wo Verfahren und Werkzeug weiterentwickelt werden. Bis Anfang 2025 sollen die ersten Serienwerkzeuge an Kunden ausgeliefert werden.
"Unsere Stärke liegt neben unserer technologischen Expertise in der Einfachheit der Anwendung unserer Erfindung. Ihre Praxistauglichkeit ist entscheidend. Ein Erfolg am Markt erfordert, dass jeder Fachmann unsere Entwicklung mühelos anwenden kann." - Mario Leitner (CEO)
Tipp: Der Weg nach oben ist selten gerade. Bei Problemen ist es wichtig, nicht den Kopf in den Sand zu stecken. Nimm dir einen Moment Zeit, atme durch und schaue dir alles nochmal genau an und halte dein Ziel stehts vor Augen.