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DIE PRESSE

Ein Tropfen Blut verrät im Nu die Allergieauslöser

Immer mehr Menschen leiden an Allergien, sei es – so gängige Hypothesen – durch übertriebene Hygiene in der Kindheit, sei es durch die steigende Zahl der Umweltgifte. Bei rund einem Viertel der ...

Immer mehr Menschen leiden an Allergien, sei es – so gängige Hypothesen – durch übertriebene Hygiene in der Kindheit, sei es durch die steigende Zahl der Umweltgifte. Bei rund einem Viertel der Bevölkerung reagiert das Immunsystem mit einer krankhaften Abwehrreaktion auf bestimmte, normalerweise harmlose Umweltstoffe. Und fast alle Allergiker haben das gleiche Problem: den meist langen und mühsamen Weg bis zu Diagnose.

„Oft vergeht ein Jahrzehnt, bis eine genaue Allergiediagnose feststeht, da die einzelnen Allergieauslöser separat herausgefunden werden müssen, dann erst kann die Therapie beginnen“, sagt Christian Harwanegg. Es forscht seit 20 Jahren in diesem Bereich, seit 2016 im eigenen Start-up Macro Array Diagnostics (Mad X), das vom AWS (Austria Wirtschaftsservice) unterstützt wird und 2018 in das EU-Förderprogramm Horizon 2020 aufgenommen wurde.

Der Molekularbiologe hat einen Allergietest entwickelt, der sich der molekularen Diagnostik bedient. „Bis jetzt sind die meisten Allergietests unglaublich aufwendig, nicht nur für die Patienten, sondern auch für Labors und Ärzte. Unser System beruht darauf, die rund dreihundert bekannten Allergene biotechnologisch herzustellen“, erklärt Harwanegg.

Ein Allergietest von der Stange

Allergieauslöser sind bestimmte Proteine, die bereits identifiziert und wissenschaftlich publiziert worden sind. Diese rund 300 Allergene, die für 99 Prozent der Allergien verantwortlich sind, werden in dem neuen System auf einem Mikrobiochip aufgebracht, der die Antikörper aus dem Blut des Patienten identifiziert. Damit können so gut wie alle bekannten Allergien in einem Schritt ausgetestet werden, und es lässt sich auf schnelle und einfache Art die Allergie erkennen. Dazu reichen ein paar Tropfen Blut. Harwanegg: „Unser System, das für das Gesundheitssystem keine Mehrkosten verursacht, ist für Labors und Krankenhäuser entwickelt worden. Zurzeit sind weltweit rund hundert dieser Systeme im Einsatz. Im Moment müssen sie noch manuell bedient werden, aber wir arbeiten an einer Automatisierung. Das wird uns durch die EU-Förderung ermöglicht, da das natürlich sehr viel Geld kostet.“

Ein weiteres Projekt mit einer Partnerfirma ist ein Blutabnahmeset, mit dem sich die Allergiker zu Hause selbst Blut abnehmen können, es ins Labor schicken und das Testergebnis nach Hause geliefert bekommen. „Unseren Erfahrungen nach geht ein Großteil der Allergiker nämlich nie zum Arzt, und wir hoffen, mit dem Projekt auch diese Patienten erreichen zu können“, so der Molekularbiologe.

Darüber hinaus wird der Fokus in Zukunft auf Softwarelösungen gelegt. „Meine Vision ist es, alle Beteiligten zusammenzubringen. Wir wollen eine Internetplattform installieren, die nicht nur den Patienten Hilfe und Erleichterung bringt, sondern auch dem Arzt, der oft mit der Diagnose allein gelassen wird und für den es sehr viel Arbeit bedeutet, die richtige Therapie auszuarbeiten“, meint Harwanegg mit Blick in die Zukunft. „Mit einer solchen Plattform könnte der ganze Problemkreis besser gemanagt werden.“

Mad X hat zurzeit 15 Mitarbeiter. Der Mitarbeiterstab soll bis 2019 auf 30 aufgestockt werden, da man einen weltweiten Vertrieb für das neu entwickelte Produkt anstrebt.

25 Prozent der Bevölkerung leiden an einer Allergie, also an einer krankhaften Abwehrreaktion auf normalerweise harmlose Umweltstoffe. Mit herkömmlichen Untersuchungsmethoden ist es schwierig, die Allergieauslöser (Allergene) herauszufinden.

282 Proteine (Eiweißmoleküle) sind für nahezu alle Allergien verantwortlich. Grundsätzlich kann jeder Eiweißstoff zum Allergen werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.07.2018)

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